Mit dem einzigartigen Oral-History-Projekt „Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD“ schließt das Städel Museum eine Lücke in der jüngeren deutschen Kunstgeschichte und untersucht erstmals aus der Perspektive der Zeitzeugen die Anfänge der ersten Kunstszene in der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen des seit 2015 durchgeführten Forschungsprojekts wurden umfassende Gespräche mit über 70 Protagonisten geführt, darunter Künstler, Galeristen, Händler, Sammler, Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher, die maßgeblich an der Entwicklung der Kunstszene der BRD mitgewirkt haben. Die Gespräche dokumentieren aus der individuellen Sicht der Zeitzeugen historische Meilensteine der jüngsten deutschen Kunstgeschichte. Zu Wort kommen unter anderen Mary Bauermeister, Georg Baselitz, René Block, Anselm Kiefer, Kasper König, Katharina Sieverding, Günther Uecker und Rudolf Zwirner. Mehr als 70 Transkripte der Gespräche werden nun in einer umfassenden Printpublikation und auf einer digitalen Plattform veröffentlicht. Insbesondere die digitale Publikation verknüpft durch zahlreiche Querverweise die einzelnen Texte miteinander, sodass ein vernetztes Informationsgeflecht über die Entwicklung der Kunstszene in der Bundesrepublik entsteht. Darüber hinaus ermöglichen weitere Elemente – etwa ein Montageroman, Kurzbiografien und eine Volltextsuche – vielfältige Zugänge zu dem Quellenmaterial.

Das langjährige Forschungsprojekt „Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD“ wurde von der Art Mentor Foundation Lucerne ermöglicht.

„Nicht nur als Ort der Präsentation und Vermittlung von Kunst, sondern auch und ganz besonders als Forschungsinstitut hat das Städel Museum immer wieder auf sich aufmerksam gemacht und zentrale Beiträge zur Kunstgeschichtsschreibung geliefert. Mit unserem über mehrere Jahre geführten und soeben abgeschlossenen Forschungsprojekt ‚Café Deutschland‘ wollen wir die Entwicklung der Kunstszene in der Bundesrepublik in vielfältigen, sich ergänzenden, überlagernden und teilweise auch sich widersprechenden Perspektiven beleuchten“, so Städel Direktor Philipp Demandt.

„Im Zentrum des Oral-History-Projekts stehen selbstverständlich die Gespräche mit den Wegbereitern und Akteuren der ersten Kunstszene der Bundesrepublik Deutschland. Mit jedem Einzelnen haben wir viele Stunden zusammengesessen. Über die Höhepunkte der Kunstgeschichte nach 1945 kamen wir bald auch auf die persönliche Entwicklungsgeschichte unserer Gesprächspartner zu sprechen. Der Zeitraum reicht daher von der ersten Begegnung mit der sogenannten bildenden Kunst bis etwa zum internationalen Durchbruch der deutschen Kunst in den 1980er-Jahren. Mit der Veröffentlichung der Transkripte in Print und Online wollen wir möglichst vielen Menschen den Zugang zu diesen einzigartigen Primärquellen ermöglichen und hoffen, dass interessierte Laien genauso wie fachkundige Leser darin reiche Entdeckungen machen werden“, führt Franziska Leuthäußer, die das Projekt über drei Jahre leitete, aus.

Mit dem groß angelegten Forschungsprojekt „Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD“ hat sich das Städel Museum gemeinsam mit den Protagonisten der Kunstszene der 1960er-Jahre auf eine Zeitreise begeben. Das Ziel war es, die Anfänge der ersten Kunstszene der Bundesrepublik Deutschland nachzuvollziehen und den Verlauf eines weitverzweigten Netzwerks zu verfolgen. Zu diesem Zweck wurden qualitative Interviews mit Künstlern, Galeristen, Kunsthistorikern, Journalisten und Sammlern geführt. In den Gesprächen wurden die einzelnen Lebenswege von der Kindheit über die Berufswahl bis hin zu ersten beruflichen Erfolgen nachvollzogen. Zentrale Themen waren dabei unter anderem die Ausgangssituation der Kriegskinder nach 1945, der Umgang mit dem kulturellen und gesellschaftlichen Erbe, die Rolle der Kunst in der Aufbauphase der Bundesrepublik sowie die ersten Verkaufserfolge, die auf dem Kunstmarkt in Köln ab 1967 erreicht wurden. Weiterhin wurden wichtige Stationen der jüngsten deutschen Kunstgeschichte mit den Zeitzeugen betrachtet und erörtert. Über die individuelle Sicht eines jeden Einzelnen entsteht eine Annäherung an die historische Situation und damit ein Gesamtverständnis vergangener Geschichtsmomente im Umfeld der aufstrebenden deutschen Kunstszene. Die einzelnen Erzählungen bereichern die Geschichtsschreibung um eine differenzierte Mehrstimmigkeit.

Insbesondere in der digitalen Publikation wird die Qualität der Parallelerzählungen deutlich: Durch zahlreiche Querverweise sind die Texte miteinander verknüpft, ein besonderes Augenmerk liegt auf der multiperspektivischen Darstellung. Zusätzlich ist für die digitale Plattform aus den Transkripten ein Montageroman mit Zitaten zu ausgewählten Themen entstanden. Dazu gehören unter anderem die Ausgangssituation nach 1945, die individuellen Wege in die Kunst, die Rolle der Frau unter den männlichen Kollegen, die Erfolge auf dem deutschen Kunstmarkt oder die Rezeption der deutschen Kunst im Ausland. In Form einer ausführlichen Zeitleiste sind außerdem die wichtigsten zeitgeschichtlichen Ereignisse aufgeführt. Zu jedem Gesprächspartner enthält die Plattform eine Kurzbiografie. Eine Volltextsuche ermöglicht den Benutzern zusätzlich eine umfangreiche Recherche einzelner Begriffe in allen dort verfügbaren Texten. Die digitale Plattform ist unter der URL cafedeutschland.staedelmuseum.de kostenfrei online zugänglich.

74 Transkripte der Gespräche erscheinen zudem im Kehrer Verlag in einer fast 2.000 Seiten umfassenden Printpublikation, herausgegeben von Franziska Leuthäußer. Erhältlich ist die Publikation „Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD“ im Museums- sowie Onlineshop des Städel Museums und im Buchhandel.

Liste der Gesprächspartner: Götz Adriani (geb. 1940 Stuttgart), Bettina von Arnim (geb. 1940 Zernikow), Inge Baecker (geb. 1943 Bochum), Georg Baselitz (geb. 1938 Deutschbaselitz), Mary Bauermeister (geb. 1934 Frankfurt am Main), Herzog Franz von Bayern (geb. 1933 München), Thomas Bayrle (geb. 1937 Berlin), Eduard Beaucamp (geb. 1937 Aachen), René Block (geb. 1942 Velbert), Bazon Brock (geb. 1936 Stolp), Bruno Brunnet (geb. 1957 Marburg), Franz Dahlem (geb. 1938 München), Jan Dibbets (geb. 1941 Weert), Christa Dichgans (1940 Berlin – 2018 Berlin), Peter Dreher (geb. 1932 Mannheim), Six Friedrich (geb. 1938 Gelsenkirchen), Rudi Fuchs (geb. 1942 Eindhoven), Klaus Gallwitz (geb. 1930 Pillnitz), Laszlo Glozer (geb. 1936 Szombathely), K. O. Götz (1914 Aachen – 2017 Wolfenacker), Siegfried Gohr (geb. 1949 Aachen), Hans Haacke (geb. 1936 Köln), Jürgen Harten (geb. 1933 Hamburg), Wulf Herzogenrath (geb. 1944 Rathenow), K. H. Hödicke (geb. 1938 Nürnberg), Heinz Holtmann (geb. 1939 Hamm), Klaus Honnef (geb. 1939 Tilsit), Peter Iden (geb. 1938 Meseritz), Fred Jahn (geb. 1944 Berg), Christos M. Joachimides (1932 Athen – 2017 Athen), Benjamin Katz (geb. 1939 Antwerpen), Anselm Kiefer (geb. 1945 Donaueschingen), Konrad Klapheck (geb.1935 Düsseldorf), Jürgen Klauke (geb. 1943 Kliding), Bernd Koberling (geb. 1938 Berlin), Kasper König (geb. 1943 Mettingen), Rochus Kowallek (geb. 1926 Berlin), Heinz Kreutz (1923 Frankfurt am Main – 2016 Penzberg), Markus Lüpertz (geb. 1941 Liberec), Heinz Mack (geb. 1931 Lollar), Paul Maenz (geb. 1939 Gelsenkirchen), Marwan (1934 Damaskus – 2016 Berlin), Hans Mayer (geb. 1940 Ulm), Hans Neuendorf (geb. 1937 Hamburg), Benjamin Patterson (1934 Pittsburgh – 2016 Wiesbaden), Otto Piene (1928 Bad Laasphe – 2014 Berlin), Timm Rautert (geb. 1941 Tuchel), Chris Reinecke (geb. 1936 Potsdam), Gerhard Richter (geb. 1932 Dresden), Rolf Ricke (geb. 1934 Kassel), Arno Rink (1940 Schlotheim – 2017 Leipzig), Klaus Rinke (geb. 1939 Wattenscheid), Ulrike Rosenbach (geb. 1943 Bad Salzdetfurth), Norman Rosenthal (geb. 1944 Cambridge), Dieter Ruckhaberle (1938 Stuttgart – 2018 Berlin), Ulrich Rückriem (geb.1938 Düsseldorf), Lothar Schirmer (geb. 1945 Schmalkalden), Manfred Schneckenburger (geb.1938 Stuttgart), Sarah Schumann (geb. 1933 Berlin), Jürgen Schweinebraden (geb. 1938 Dresden), Katharina Sieverding (geb. 1944 Prag), Daniel Spoerri (geb. 1930 Galaţi), Rudolf Springer (1909 Berlin – 2009 Berlin), Dorette Staab (geb. 1938 Worms), Klaus Staeck (geb. 1938 Pulsnitz), Johannes Stüttgen (geb. 1945 Freiwaldau), Günther Uecker (geb. 1930 Wendorf), Ulay (geb. 1943 Solingen), Timm Ulrichs (geb. 1940 Berlin), Franz Erhard Walther (geb. 1939 Fulda), Lawrence Weiner (geb. 1942 New York), Stephan von Wiese (geb. 1943 Hamburg), Armin Zweite (geb. 1941 Ellerwalde), Rudolf Zwirner (geb. 1933 Berlin)

CAFÉ DEUTSCHLAND. IM GESPRÄCH MIT DER ERSTEN KUNSTSZENE DER BRD

Gesamtkonzeption und Projektleitung: Franziska Leuthäußer (Städel Museum)

Printpublikation: „Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD“, herausgegeben von Franziska Leuthäußer, Kehrer Verlag Heidelberg, 2018, Festeinband in 2 Bänden, ca. 17 x 24 cm, 1.964 Seiten in deutscher Sprache, ISBN 978-3-86828-804-9, 98,00 Euro. Ab sofort im Städel Museum und Städel Onlineshop sowie im Buchhandel erhältlich.

Digitale Plattform
URL: https://cafedeutschland.staedelmuseum.de
Launch: 6.9.2018
Künstlerisches Konzept und Gesamtprojektleitung: Franziska Leuthäußer (Städel Museum)
Medienkonzeption: Franziska Leuthäußer, Herbert Schwarze (maze pictures), Dennis Straub (agenturfuerkrankemedien)
Konzeption Montageroman: Eva Schönle (Städel Museum), Herbert Schwarze
Technische Konzeption, Gestaltung und Umsetzung: agenturfuerkrankemedien GmbH, Berlin
Eine Produktion des Städel Museums in Kooperation mit der maze pictures GmbH

Ermöglicht durch: Art Mentor Foundation Lucerne

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