Der Johann David Passavant-Preis für kunsthistorische Forschung geht in diesem Jahr an Dr. Corina Meyer. Die Stuttgarter Kunsthistorikerin wird damit für ihre umfassende Forschungstätigkeit zu Johann Friedrich Städel und der Gründung des Städelschen Kunstinstitutes geehrt. Der von einem privaten Unterstützer gestiftete Johann David Passavant-Preis wird seit 1996 vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am Sonntag, 20. November 2016, im Metzler-Saal des Städel Museums statt. In der diesjährigen Jury saßen Prof. Dr. Wulf Raeck (Goethe-Universität, Frankfurt am Main), Dr. Julia Voss (Frankfurter Allgemeine Zeitung) sowie Prof. Dr. Hans Aurenhammer (Goethe-Universität, Frankfurt am Main), der auch die Laudatio zur Preisverleihung halten wird. Der Preis erinnert an die wegweisende wissenschaftliche Arbeit von Johann David Passavant, der dem Städel Museum von 1840 bis 1861 als Inspektor vorstand.

Dr. Corina Meyer studierte Kunstgeschichte und Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Ihre Magisterarbeit schrieb sie über das Kunstgewerbemuseum Berlin (Museale Präsentation und Vermittlung von Kunstgewerbe – am Beispiel des Kunstgewerbemuseums Berlin). Sie forschte unter anderem am Getty Research Institute zu Prinzipien der Gemäldehängung – Europäische Hängungspläne des 18. Jahrhunderts im Vergleich, zu Passavant und Charles Eastlake in einer binationalen Forschungskooperation mit der Londoner National Gallery und lehrt seit mehreren Jahren unter anderem an den Universitäten Frankfurt am Main und Göttingen. Meyer veröffentlichte ihre Forschungen in zahlreichen Aufsätzen in internationalen Zeitschriften und verschiedenen Museumskatalogen. Sie hält seit 2007 Vorträge auf unterschiedlichen Kongressen im In- und Ausland. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Sammlungs- und Museumsgeschichte, Kunsthistoriographie/Rezeption sowie sozialhistorische Einflüsse auf die Bewertung von Kunst.

In ihrer nun ausgezeichneten Dissertation Die Geburt des bürgerlichen Kunstmuseums – Johann Friedrich Städel und sein Kunstinstitut in Frankfurt am Main erforscht Meyer die Entwicklung und den Wandel des Städelschen Kunstinstituts hin zu einem bürgerlichen Kunstmuseum. Der aufklärerische Bildungsgedanke der Stiftung stieß europaweit auf großes Interesse und bemerkenswerte Resonanz. Corina Meyer untersuchte, wie heftig in der Folge unter den von Johann Friedrich Städel eingesetzten Administratoren und vielen Persönlichkeiten aus ganz Europa um die Weiterentwicklung des Sammlungskonzepts und die Ankaufsrichtlinien gerungen wurde. Sie zeigt einen ab 1819 einsetzenden Geisteswandel auf, der eine Teilhabe der Bürger an der Konzeption ermöglichte und in der Folge ein völlig neuartiges bürgerliches Kunstmuseum hervorbrachte.

Die Verleihung des Passavant-Preises sowie die im Wechsel ausgerichteten Passavant-Kolloquien, finden seit 1996 in regelmäßigen Abständen von ungefähr drei Jahren statt und werden von einem privaten Förderer gestiftet. Die Auszeichnung exzellenter Forschung und die regelmäßige Veranstaltung wissenschaftlicher Kolloquien am Städelschen Kunstinstitut und der Liebieghaus Skulpturensammlung befördern die wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Kunstgeschichte und Archäologie und festigen den wissenschaftlichen Ruf der Institutionen im In- und Ausland. Die bisherigen Passavant-Preisträger sind: Prof. Dr. Peter C. Bol, Dr. Bodo Brinkmann, Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen, Prof. Dr. Jochen Sander, Dr. Maraike Bückling, Dr. Stefan Roller und nun Dr. Corina Meyer. Die Themen der zahlreichen bisher veranstalteten Passavant Kolloquien umfassen unter anderem „Zeichnen in Rom“, „Hans Holbein und der Wandel in der Kunst des frühen 16. Jahrhunderts“, „Aus der Nähe betrachtet. Bilder am Hochaltar und ihre Funktionen im Mittelalter“ und „Circumlitio. Internationales Colloquium zur Polychromie der antiken und mittelalterlichen Skulptur“.

Das Kolloquium und der Preis erinnern an eine der herausragendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Städel Museums. Mit Johann David Passavant (1787–1861), Mitglied der Künstlervereinigung der Nazarener, begann im Städel ab 1840 nicht nur die wissenschaftliche Erfassung der Objekte. Mit seinem Namen ist auch das einsetzende Bestreben nach einer Systematik der Sammlung und der Kunstankäufe verbunden. Passavant, der das Städel von 1840 bis 1861 leitete, war ein ausgewiesener Kenner der altniederländischen Malerei sowie der deutschen und italienischen Malerei der Renaissance. Mit seiner Abhandlung über Raffael schuf er ein epochemachendes Werk der Kunstwissenschaft. Für die Sammlung des Städel kaufte er unter anderem bedeutende Werke wie die Flémaller Tafeln (1428–1430) des Meisters von Flémalle, die Lucca Madonna (1437) von Jan van Eyck sowie eine Vielzahl hochrangiger italienischer Zeichnungen an.

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